André Voisin - Die Produktivität der Weide
Verfasst: 29.04.2018, 18:58
André Voisin war einer der wichtigsten Pioniere des Weidemanagements.
In den 1940er bis 1960er Jahren entwickelte er auf seinem Gutshof in der Normandie ein ausgeklügeltes Rotationsweidesystem, das hohen Futterertrag mit bester Futterqualität verbindet.
Er war einer der Menschen, denen wir die Erkenntnis verdanken, dass Überweidung keine Frage des Viehbesatzes pro Betriebsfläche sondern eine Frage des zeitlichen Managements der Beweidung ist.
Seine Weidemethoden sind heute noch hochaktuell in allen Ländern mit einer halbwegs ausgeglichen Feuchtigkeitsverteilung rund ums Jahr. Viele der in Neusseesland und Südamerika praktiszierten Weidesysteme beruhen auf seinen Überlegungen.
Außerdem war seine Arbeit einer der essentiellen Vorläufer für Allan Savorys Holistic Planed Grazing.
In Deutschland und Frankreich ist Voisin leider weitgehend in Vergessenheit geraten.
Ein Freund von mir hat mehrere seiner Bücher in deutscher Übersetzung ausgegraben und scannen lassen.
Da der Verlag auf telefonisch Nachfrage geäußert hat, keine Unterlagen mehr zu und kein Interesse mehr an diesen alten Büchern zu haben und ich die Erben von Voisins Autorenrechten nicht ermitteln konnte, habe ich mich entschieden, die Bücher als kostenlosen Download verfügbar zu machen. Ich denke es ist im Sinne André Voisins, seine Forschungsergebnisse in die Welt zu tragen.
Sollte sich jemand dadurch in seinen Rechten verletzt sehen, möge er sich bitte bei mir melden. Ich nehme die Dateien dann umgehend aus dem Netz.
Ich würde mich sehr freuen, wenn sich eine Verlang fände, der Voisins Hauptwerk "Die Produktivität der Weide" wieder ins Programm nähme oder wenigstens als Ebook oder Book on Demand verfügbar machen würde.
(Derzeit ist wohl nur der englischsprachige Nachdruck "Grass Productivity", erscheinen bei Island Press, käuflich zu erwerben. Leider konnten die bezüglich der Autorenrechte auch nicht helfen.)
Die Produktivität der Weide (230 MB):
https://www.regenerative-landwirtschaft ... _Weide.pdf
Die Kuh und ihre Weide (30 MB):
https://www.regenerative-landwirtschaft ... _Weide.pdf
Boden und Pflanze (80 MB):
https://www.regenerative-landwirtschaft ... flanze.pdf
Lebendige Grasnarbe (90 MB):
https://www.regenerative-landwirtschaft ... snarbe.pdf
Um euch vorab einige Hintergrundinformation über das Leben und Werk Voisins zu geben, habe ich
den englischsprachigen Wikipedia-Eintrag zu seiner Person übersetzt:
https://en.wikipedia.org/wiki/André_Voisin
(Abgerufen am 29.04.2018)
"André Marcel Voisin (7. Januar 1903 bis 21. Dezember 1964) war ein französischer Biochemiker, Landwirt und Autor. Bekannt wurde er hauptsächlich durch seine Theorie der Rationalen Beweidung (auch als Voisinismus, Voisin-Beweidung oder Rationale Intensive Beweidung bekannt).
Über seine Theorien hielt er in vielen Teilen der Welt Vorträge und Vorlesungen. Seine Bücher wurden in 18 Sprachen übersetzt und in diversen Auflagen gedruckt.
Frühes Leben:
Voisin wurde am 7. Januar 1903 in Dieppe, einer Küstengemeinde in der oberen Normandie in Frankreich, geboren. Seine Eltern waren Albert Voisin und Marie Antoinette Legendre, bekannte Landwirte und Gutseigentümer. Ab 1910 besuchte die Jehan Ango Schule in Dieppe und anschließend das renommierte Gymnasium Lycée Louis-le-Grand in Paris.
Seinen Militärdienst leistete er bei der französischen Marine, wo er 1923 den Rang des Leutnants erlangte.
1924 schloss er an der Hochschule für Physik und Chemie in Paris (école supérieure de physique et de chimie industrielles de la ville de Paris) mit einem Diplom in Biochemie ab. Anschließend arbeite Voisin als Ingenieur in der Gummiindustrie, anfänglich in einer Reifenfabrik. Anschließend übernahm er eine Stelle als leitender Ingenieur bei der Firma SIT und entwickelte dort eine Methode zur Effizienzsteigerung in der Produktion.
1936 besuchte er die Universität von Heidelberg, um seine deutschen Sprachkenntnisse zu verbessern. Er erhielt sein Diplom für eine Arbeit mit dem Titel „Goethe und Frankreich“ und wurde zum Ehrenbürger der Stadt Heidelberg ernannt.
Voisin heiratete Martha Rosine Fernagu 1943 im besetzten Paris.
Militärische Laufbahn:
Bei Kriegsausbruch 1939 kündigte Voisin seine Stelle in der Gummiindustrie um am Krieg teilzunehmen. Zu Beginn war er bei der französischen Marine in Algerien stationiert. 1939 war er an zwei Marinemissionen im Mittelmeer beteiligt und wurde bei der Zweiten schwer verwundet. Nach anfänglicher Behandlung in Algier verbrachte er 4 Monate im Val de Grace Hospital in Paris.
1940 war an diversen Gefechten in Frankreich sowie an der Narvik-Kampagne beteiligt. Vor dem Fall Frankreichs wurde Voisin nach England befohlen. Er überquerte den Ärmelkanal mit einer kleinen Truppe in einer wagemutigen Überfahrt, die mehrere Tage dauerte. In England traf Voisin auf Admiral Thierry d’Argenlieu und wurde zum zweiten Attaché für Admiral Émile Muselier, Leiter der freien französischen Seestreitkräfte, ernannt.
Im Oktober 1940 kehrte Voisin ins besetzte Frankreich zurück, um seinen Familiengut „Le Talou“, ein Anwesen mit 130 ha in Gruchet, südlich von Arques-la-Bataille, zu verwalten. Von 1941 bis 1944 unterstützte er die Resistance durch heimliche Nahrungsmittellieferungen seines Betriebs. Er agierte zudem als Übersetzer für den Bürgermeister Albert Thoumyer im Umgang mit den Nazi-Besatzern. Im März 1943 wurde durch seine Intervention ein Bauer vor dem Erschießungskommando gerettet.
Nach der Befreiung von Paris im August 1944 überließ Voisin La Talou der Obhut seiner Frau und reiste nach Paris um Admiral d’Argenlieu zu treffen. Leutnant Voisin erhielt das Kommando über ein Kontingent Marineinfanteristen und war an diversen Gefechten beteiligt, darunter die kurze aber intensive Schlacht um die Vogesen. In Benfeld wurde er erneut verwundet.
1946 veröffentliche Voisin seine Kriegsmemoiren, basierend auf seinen Kriegstagebüchern, unter dem Titel „A Single Foot on the Earth“. Das Buch wurde vom offiziellen Künstler der Marine, Kommandant Luc-Marie Bayle, illustriert.
Rückkehr zur Landwirtschaft:
Gegen Ende 1945, nachdem er seine Pflicht für sein Vaterland erfüllt hatte, kehrte Voisin zurück nach Gruchet, um dort wieder seiner Leidenschaft für die Landwirtschaft nachzugehen.
Voisin genoss es sehr, seine Rinder beim Grasen zu beobachten. Er bemerkte Unterschiede zwischen den Auswirkungen der Beweidung und der Gewinnung und Fütterung von Heu. Während ein Grasbestand für die Heuernte auf einmal geschnitten wird, wird eine Weide nur so schnell „geschnitten“, wie die Kühe das Futter fressen können. Und während eine Kuh im Stall so viel fressen kann, wie sie will, ohne sich zu bewegen, muss eine Kuh auf der Weide zu ihren bevorzugten Stellen laufen und dort das Gras mit ihren Zähnen Maul für Maul voll abscheren.
Mit der Zeit gelangte er zu der Erkenntnis, dass die bestehenden Theorien zur Beweidung nicht die tatsächlichen Verhältnisse weidender Tiere beschrieben. Im Versuch der wissenschaftlichen Methodik zu folgen, konzentrierten sich die Wissenschaftler entweder auf das Wachstum des Grases (ohne Weidetiere) oder auf die Verfütterung geschnittenen Grases im Stall, aber nur selten auf das Verhalten grasender Rinder auf der Weide. Voisin realisierte, dass diese Beziehung, die er „das Aufeinandertreffen von Kuh und Gras“ nannte, sich fundamental davon unterschied, beide Vorgänge isoliert zu betrachten.
Diese Gegebenheiten führten Voisin zu der Einsicht, dass Zeit ein kritischer Faktor bei der Beweidung ist. Nicht die Zahl der Tiere pro Hektar, sondern die Zeit, für die die Pflanzen den Tieren ausgesetzt sind, ist der bestimmende Faktor für eine Überweidung. Wenn die Tiere zu lange auf einer Fläche bleiben, werden schmackhafte Pflanzen ein zweites Mal abgegrast, bevor sie die Zeit hatten, sich ausreichend vom ersten Grasen zu erholen. Außerdem verhindert wiederholtes Abweiden in kurzen Abständen, dass die Pflanze ihr volles Wachstumspotential ausschöpfen kann, wodurch die Menge an gesammelter und in nutzbares Futter umgewandelter Sonnenenergie reduziert wird.
Die Forschungsarbeit, die Voisin auf seinem Betrieb leistete, begann die Aufmerksamkeit der Wissenschaft zu erregen. Ab 1951 wurde Voisin aus dem In- und Ausland, besonders aus den USA, aber auch aus Großbritannien, Irland und Deutschland eingeladen, um Vorträge zu halten.
1956 wurde er zum außerordentlichen Professor an der Nationalen Tierhaltungsschule in Alfort berufen und war Mitglieder der französischen Akademie für Landwirtschaft.
1954 verzeichnete Voisin während der produktivsten Zeit der Weidesaison (10. Mai bis 23. September) eine effektive Besatzdichte von 5,5 Großvieheinheiten pro Hektar. Vosin gab an, dass sein Besatz vor Beginn der Rationalen Beweidung bei lediglich 1,5 Großvieheinheiten pro Hektar gelegen hätte. Er erreichte also mehr als eine Verdreifachung der Besatzdichte.
Vier Gesetze:
Schließlich entwickelte Voisin seine „vier Gesetze“ für die Rationale Beweidung. Er argumentierte, diese Prinzipien seien universell anwendbar, unabhängig vom Boden, dem Klima, dem Längen- oder Breitengrat.
(Anm.: Heute wissen wir, dass das nur bedingt zutrifft. In Regionen mit sprödem Klima sind seine 4 Gesetze alleine nicht ausreichend für ein gutes Weidemanagement. Trotzdem waren sie ein sehr wichtiger Vorläufer für die Entwicklung des auch in sprödem Klima funktionierenden Holistic Planned Grazing durch Allan Savory.)
Erstes Gesetz:
Damit ein Grasbestand nach dem Abfressen durch die Tiere seine maximale Produktivität erreichen kann, muss eine ausreichend lang Pause zwischen zwei Beweidungsdurchgängen eingehalten werden, um
-in den Wurzeln die notwendigen Reserven für einen schnellen Wiederaustrieb nach der nächsten Beweidung zu sammeln
-die Phase des stärksten Wachstums voll auszunutzen (Anm.: Die Zeit, in der die Pflanze wieder ausreichend Photosynthesefläche für schnelles Wachstum hat, aber noch nicht verholzt/vergreist/untere Blätter welken lässt.)
Zweites Gesetz:
Die Dauer einer Beweidung sollte so kurz sein, dass eine Pflanze, die am ersten Tag der Beweidung abgefressen wird, kein zweites Mal von den Tieren abgefressen wird, bevor diese die Fläche wieder verlassen.
Drittes Gesetz:
Die Tiere mit dem höchsten Nährstoffbedarf müssen mit der höchsten Menge an Gras bestmöglicher Qualität versorgt werden. (Anm.: Wenn mit mehreren Weidegruppen gearbeitet wird, kommen zuerst die Tiere mit dem höchsten Bedarf, z.B. laktierende Kühe, auf die Fläche und können sich das beste Futter herausselektieren. Dann folgen Tiere mit niedrigerem Bedarf, z.B. Färsen & Trockensteher, zum Nachweiden.)
Viertes Gesetz:
Wenn eine Kuh regelmäßige Milcherträge liefern soll, darf sie nicht länger als drei Tage auf derselben Fläche stehen. Der Milchertrag ist maximal, wenn die Tiere nur einen Tag auf der Fläche stehen.
(Anm.: Die Tiere selektieren das beste Futter zuerst heraus. Zudem wird das verbliebene Futter durch Tritt, Kot, Urin etc. verschmutzt. Deshalb sinken mit der Beweidungsdauer die Futterqualität und die Futteraufnahme. Der Pansen der Rinder kann diese schwankende Futterqualität und -Aufnahme über ca. 3 Tage ausmitteln. Danach fällt die Leistung ab. Bleiben die Tiere nur einen Tag auf der Fläche, haben sie die beste Futterversorgung und -Aufnahme und deshalb die höchste Leistung. Inzwischen sind viele Betriebe sogar dazu übergegangen, mehrmals täglich frische Weide zuzuteilen, um die Leistung noch weiter zu steigern.)
Besuch in Kuba und Tod:
Im Juni 1964 erneuerte Fidel Castro seine Einladung an Voisin, an der Universität von Havanna eine Vortragsreihe zum Thema Rationale Beweidung zu halten. Trotz der europäischen Vorbehalte gegenüber Castros kommunistischer Regierung sagte Voisin zu.
Er und seine Frau trafen am 3. Dezember in Kuba ein und wurden von Castro persönlich am Jose Marti Flughafen begrüßt. Anschließend inspizierten sie zusammen mit einer größeren Gruppe Würdenträger eine nahegelegene Farm im Eigentum des Staatschefs.
Die Vortragsserie an der Universität von Havanna begann am 8. Dezember. In seiner Begrüßungsrede stelle Castro fest: In seinen Werken, an all seiner Arbeit, kann man sehen, dass die Gesundheit des Menschen, das Glück des Menschen, das wichtigste Ziel hinter Professor Voisins Schaffen ist. Am 11. Dezember wurde Voisin die Ehrendoktorwürde der Universität Havanna verliehen.
Am 21. Dezember um 3:50 Uhr verstarb Voison durch einen Herzinfarkt in seinem Hotel. Fidel Castro verkündete seinen Tod am selben Abend im Staatsfernsehen. Am nächsten Tag fand in der großen Halle der Universität von Havanna das Staatsbegräbnis statt. Voisin hatte zuvor seiner Frau gegenüber den Wunsch geäußert, dass er, sollte er auf seinen Vortragsreisen im Ausland versterben, im Land seines Todes bestattet werden möchte. Gemäß dieses Wunsches wurde Vosin auf dem Colon Friedhof in Havanna bestattet.
Vermächtnis:
Voison wurde und bleibt eine verehrte Persönlichkeit in Kuba. Die kubanische Regierung erkläre das Jahr 1965 als Hommage an Voisin zum „Jahr der Landwirtschaft“. Zu seinem ersten Todestag wurde eine Sonderbriefmarke herausgegeben.
Martha Voisin entwickelte eine tiefe Zuneigung für Kuba und besuchte es viele Male bis zu ihrem Tod im Jahre 2006 im Alter von 105 Jahren. Sie wurde in Havanna neben ihrem Ehemann bestattet.
Trotz Castros Führsprache für sein Werk und trotz seiner Präsenz an den kubanischen Hochschulen wurden Voisins Methoden von den kubanischen Bauern weitgehend ignoriert, bis diese durch den Zusammenbruch des kommunistischen Binnenmarktes im Jahr 1989, der Kuba in eine drei Jahre andauernde Wirtschaftskriese stürzte, zu einem Wechsel zu weniger input-intensiven Methoden gezwungen wurden.
Der Verlust der Energie- und Chemikalienimporte aus der Sowjetunion erforderte einen Wechsel hin zum biologischen und management-intensivem Agrarmodel, basierend auf den Prinzipien von Voisin. Dieser Wechsel verlief erfolgreich. 1989 war die Landwirtschaft in Kuba noch sehr ähnlich zu der in Kalifornien. 1992 ähnelte sie mehr den Praktiken der amischen Gemeinden. Bis 1995 hat sich die Praxis der städtischen Gärten, speziell der Organoponicos (Biogärten) weit verbreitet.
Seit den 1980er Jahren erhielt Voisins Werk verstärkte Aufmerksamkeit durch englischsprachige Autoren, besonders Allan Nation, Joel Salatin und Allan Savory. Savory ist vermutlich der lautstärkste Verfechter von Voisins Methoden unter westlichen Autoren. Voisins Prinzipien haben wesentlich das von Savory entwickelte Holistic Management beeinflusst. Savory verfasste später ein Vorwort für den 1988 veröffentlichten Nachdruck von „Gras Productivity“ (Anm.: Deutscher Titel: Die Produktivität der Weide).
Obwohl Voisins Werk heute als eines der wesentlichen Fundamente der Permakultur-, Holistic Management- und Grass-Fed Beef-Bewegungen verstanden wird, bleibt er in seinem Heimatland weitgehend unbekannt. Laut seines sozialistischen Landsmannes Gérard Pestrinaux ist er ein politisches Paradoxon: „(Voisin) war kein Mann der Linken, sondern ein klassischer gaullistischer Rechter, und trotzdem liegt er auf dem Friedhof der Helden der kubanischen Revolution begraben.“ "
In den 1940er bis 1960er Jahren entwickelte er auf seinem Gutshof in der Normandie ein ausgeklügeltes Rotationsweidesystem, das hohen Futterertrag mit bester Futterqualität verbindet.
Er war einer der Menschen, denen wir die Erkenntnis verdanken, dass Überweidung keine Frage des Viehbesatzes pro Betriebsfläche sondern eine Frage des zeitlichen Managements der Beweidung ist.
Seine Weidemethoden sind heute noch hochaktuell in allen Ländern mit einer halbwegs ausgeglichen Feuchtigkeitsverteilung rund ums Jahr. Viele der in Neusseesland und Südamerika praktiszierten Weidesysteme beruhen auf seinen Überlegungen.
Außerdem war seine Arbeit einer der essentiellen Vorläufer für Allan Savorys Holistic Planed Grazing.
In Deutschland und Frankreich ist Voisin leider weitgehend in Vergessenheit geraten.
Ein Freund von mir hat mehrere seiner Bücher in deutscher Übersetzung ausgegraben und scannen lassen.
Da der Verlag auf telefonisch Nachfrage geäußert hat, keine Unterlagen mehr zu und kein Interesse mehr an diesen alten Büchern zu haben und ich die Erben von Voisins Autorenrechten nicht ermitteln konnte, habe ich mich entschieden, die Bücher als kostenlosen Download verfügbar zu machen. Ich denke es ist im Sinne André Voisins, seine Forschungsergebnisse in die Welt zu tragen.
Sollte sich jemand dadurch in seinen Rechten verletzt sehen, möge er sich bitte bei mir melden. Ich nehme die Dateien dann umgehend aus dem Netz.
Ich würde mich sehr freuen, wenn sich eine Verlang fände, der Voisins Hauptwerk "Die Produktivität der Weide" wieder ins Programm nähme oder wenigstens als Ebook oder Book on Demand verfügbar machen würde.
(Derzeit ist wohl nur der englischsprachige Nachdruck "Grass Productivity", erscheinen bei Island Press, käuflich zu erwerben. Leider konnten die bezüglich der Autorenrechte auch nicht helfen.)
Die Produktivität der Weide (230 MB):
https://www.regenerative-landwirtschaft ... _Weide.pdf
Die Kuh und ihre Weide (30 MB):
https://www.regenerative-landwirtschaft ... _Weide.pdf
Boden und Pflanze (80 MB):
https://www.regenerative-landwirtschaft ... flanze.pdf
Lebendige Grasnarbe (90 MB):
https://www.regenerative-landwirtschaft ... snarbe.pdf
Um euch vorab einige Hintergrundinformation über das Leben und Werk Voisins zu geben, habe ich
den englischsprachigen Wikipedia-Eintrag zu seiner Person übersetzt:
https://en.wikipedia.org/wiki/André_Voisin
(Abgerufen am 29.04.2018)
"André Marcel Voisin (7. Januar 1903 bis 21. Dezember 1964) war ein französischer Biochemiker, Landwirt und Autor. Bekannt wurde er hauptsächlich durch seine Theorie der Rationalen Beweidung (auch als Voisinismus, Voisin-Beweidung oder Rationale Intensive Beweidung bekannt).
Über seine Theorien hielt er in vielen Teilen der Welt Vorträge und Vorlesungen. Seine Bücher wurden in 18 Sprachen übersetzt und in diversen Auflagen gedruckt.
Frühes Leben:
Voisin wurde am 7. Januar 1903 in Dieppe, einer Küstengemeinde in der oberen Normandie in Frankreich, geboren. Seine Eltern waren Albert Voisin und Marie Antoinette Legendre, bekannte Landwirte und Gutseigentümer. Ab 1910 besuchte die Jehan Ango Schule in Dieppe und anschließend das renommierte Gymnasium Lycée Louis-le-Grand in Paris.
Seinen Militärdienst leistete er bei der französischen Marine, wo er 1923 den Rang des Leutnants erlangte.
1924 schloss er an der Hochschule für Physik und Chemie in Paris (école supérieure de physique et de chimie industrielles de la ville de Paris) mit einem Diplom in Biochemie ab. Anschließend arbeite Voisin als Ingenieur in der Gummiindustrie, anfänglich in einer Reifenfabrik. Anschließend übernahm er eine Stelle als leitender Ingenieur bei der Firma SIT und entwickelte dort eine Methode zur Effizienzsteigerung in der Produktion.
1936 besuchte er die Universität von Heidelberg, um seine deutschen Sprachkenntnisse zu verbessern. Er erhielt sein Diplom für eine Arbeit mit dem Titel „Goethe und Frankreich“ und wurde zum Ehrenbürger der Stadt Heidelberg ernannt.
Voisin heiratete Martha Rosine Fernagu 1943 im besetzten Paris.
Militärische Laufbahn:
Bei Kriegsausbruch 1939 kündigte Voisin seine Stelle in der Gummiindustrie um am Krieg teilzunehmen. Zu Beginn war er bei der französischen Marine in Algerien stationiert. 1939 war er an zwei Marinemissionen im Mittelmeer beteiligt und wurde bei der Zweiten schwer verwundet. Nach anfänglicher Behandlung in Algier verbrachte er 4 Monate im Val de Grace Hospital in Paris.
1940 war an diversen Gefechten in Frankreich sowie an der Narvik-Kampagne beteiligt. Vor dem Fall Frankreichs wurde Voisin nach England befohlen. Er überquerte den Ärmelkanal mit einer kleinen Truppe in einer wagemutigen Überfahrt, die mehrere Tage dauerte. In England traf Voisin auf Admiral Thierry d’Argenlieu und wurde zum zweiten Attaché für Admiral Émile Muselier, Leiter der freien französischen Seestreitkräfte, ernannt.
Im Oktober 1940 kehrte Voisin ins besetzte Frankreich zurück, um seinen Familiengut „Le Talou“, ein Anwesen mit 130 ha in Gruchet, südlich von Arques-la-Bataille, zu verwalten. Von 1941 bis 1944 unterstützte er die Resistance durch heimliche Nahrungsmittellieferungen seines Betriebs. Er agierte zudem als Übersetzer für den Bürgermeister Albert Thoumyer im Umgang mit den Nazi-Besatzern. Im März 1943 wurde durch seine Intervention ein Bauer vor dem Erschießungskommando gerettet.
Nach der Befreiung von Paris im August 1944 überließ Voisin La Talou der Obhut seiner Frau und reiste nach Paris um Admiral d’Argenlieu zu treffen. Leutnant Voisin erhielt das Kommando über ein Kontingent Marineinfanteristen und war an diversen Gefechten beteiligt, darunter die kurze aber intensive Schlacht um die Vogesen. In Benfeld wurde er erneut verwundet.
1946 veröffentliche Voisin seine Kriegsmemoiren, basierend auf seinen Kriegstagebüchern, unter dem Titel „A Single Foot on the Earth“. Das Buch wurde vom offiziellen Künstler der Marine, Kommandant Luc-Marie Bayle, illustriert.
Rückkehr zur Landwirtschaft:
Gegen Ende 1945, nachdem er seine Pflicht für sein Vaterland erfüllt hatte, kehrte Voisin zurück nach Gruchet, um dort wieder seiner Leidenschaft für die Landwirtschaft nachzugehen.
Voisin genoss es sehr, seine Rinder beim Grasen zu beobachten. Er bemerkte Unterschiede zwischen den Auswirkungen der Beweidung und der Gewinnung und Fütterung von Heu. Während ein Grasbestand für die Heuernte auf einmal geschnitten wird, wird eine Weide nur so schnell „geschnitten“, wie die Kühe das Futter fressen können. Und während eine Kuh im Stall so viel fressen kann, wie sie will, ohne sich zu bewegen, muss eine Kuh auf der Weide zu ihren bevorzugten Stellen laufen und dort das Gras mit ihren Zähnen Maul für Maul voll abscheren.
Mit der Zeit gelangte er zu der Erkenntnis, dass die bestehenden Theorien zur Beweidung nicht die tatsächlichen Verhältnisse weidender Tiere beschrieben. Im Versuch der wissenschaftlichen Methodik zu folgen, konzentrierten sich die Wissenschaftler entweder auf das Wachstum des Grases (ohne Weidetiere) oder auf die Verfütterung geschnittenen Grases im Stall, aber nur selten auf das Verhalten grasender Rinder auf der Weide. Voisin realisierte, dass diese Beziehung, die er „das Aufeinandertreffen von Kuh und Gras“ nannte, sich fundamental davon unterschied, beide Vorgänge isoliert zu betrachten.
Diese Gegebenheiten führten Voisin zu der Einsicht, dass Zeit ein kritischer Faktor bei der Beweidung ist. Nicht die Zahl der Tiere pro Hektar, sondern die Zeit, für die die Pflanzen den Tieren ausgesetzt sind, ist der bestimmende Faktor für eine Überweidung. Wenn die Tiere zu lange auf einer Fläche bleiben, werden schmackhafte Pflanzen ein zweites Mal abgegrast, bevor sie die Zeit hatten, sich ausreichend vom ersten Grasen zu erholen. Außerdem verhindert wiederholtes Abweiden in kurzen Abständen, dass die Pflanze ihr volles Wachstumspotential ausschöpfen kann, wodurch die Menge an gesammelter und in nutzbares Futter umgewandelter Sonnenenergie reduziert wird.
Die Forschungsarbeit, die Voisin auf seinem Betrieb leistete, begann die Aufmerksamkeit der Wissenschaft zu erregen. Ab 1951 wurde Voisin aus dem In- und Ausland, besonders aus den USA, aber auch aus Großbritannien, Irland und Deutschland eingeladen, um Vorträge zu halten.
1956 wurde er zum außerordentlichen Professor an der Nationalen Tierhaltungsschule in Alfort berufen und war Mitglieder der französischen Akademie für Landwirtschaft.
1954 verzeichnete Voisin während der produktivsten Zeit der Weidesaison (10. Mai bis 23. September) eine effektive Besatzdichte von 5,5 Großvieheinheiten pro Hektar. Vosin gab an, dass sein Besatz vor Beginn der Rationalen Beweidung bei lediglich 1,5 Großvieheinheiten pro Hektar gelegen hätte. Er erreichte also mehr als eine Verdreifachung der Besatzdichte.
Vier Gesetze:
Schließlich entwickelte Voisin seine „vier Gesetze“ für die Rationale Beweidung. Er argumentierte, diese Prinzipien seien universell anwendbar, unabhängig vom Boden, dem Klima, dem Längen- oder Breitengrat.
(Anm.: Heute wissen wir, dass das nur bedingt zutrifft. In Regionen mit sprödem Klima sind seine 4 Gesetze alleine nicht ausreichend für ein gutes Weidemanagement. Trotzdem waren sie ein sehr wichtiger Vorläufer für die Entwicklung des auch in sprödem Klima funktionierenden Holistic Planned Grazing durch Allan Savory.)
Erstes Gesetz:
Damit ein Grasbestand nach dem Abfressen durch die Tiere seine maximale Produktivität erreichen kann, muss eine ausreichend lang Pause zwischen zwei Beweidungsdurchgängen eingehalten werden, um
-in den Wurzeln die notwendigen Reserven für einen schnellen Wiederaustrieb nach der nächsten Beweidung zu sammeln
-die Phase des stärksten Wachstums voll auszunutzen (Anm.: Die Zeit, in der die Pflanze wieder ausreichend Photosynthesefläche für schnelles Wachstum hat, aber noch nicht verholzt/vergreist/untere Blätter welken lässt.)
Zweites Gesetz:
Die Dauer einer Beweidung sollte so kurz sein, dass eine Pflanze, die am ersten Tag der Beweidung abgefressen wird, kein zweites Mal von den Tieren abgefressen wird, bevor diese die Fläche wieder verlassen.
Drittes Gesetz:
Die Tiere mit dem höchsten Nährstoffbedarf müssen mit der höchsten Menge an Gras bestmöglicher Qualität versorgt werden. (Anm.: Wenn mit mehreren Weidegruppen gearbeitet wird, kommen zuerst die Tiere mit dem höchsten Bedarf, z.B. laktierende Kühe, auf die Fläche und können sich das beste Futter herausselektieren. Dann folgen Tiere mit niedrigerem Bedarf, z.B. Färsen & Trockensteher, zum Nachweiden.)
Viertes Gesetz:
Wenn eine Kuh regelmäßige Milcherträge liefern soll, darf sie nicht länger als drei Tage auf derselben Fläche stehen. Der Milchertrag ist maximal, wenn die Tiere nur einen Tag auf der Fläche stehen.
(Anm.: Die Tiere selektieren das beste Futter zuerst heraus. Zudem wird das verbliebene Futter durch Tritt, Kot, Urin etc. verschmutzt. Deshalb sinken mit der Beweidungsdauer die Futterqualität und die Futteraufnahme. Der Pansen der Rinder kann diese schwankende Futterqualität und -Aufnahme über ca. 3 Tage ausmitteln. Danach fällt die Leistung ab. Bleiben die Tiere nur einen Tag auf der Fläche, haben sie die beste Futterversorgung und -Aufnahme und deshalb die höchste Leistung. Inzwischen sind viele Betriebe sogar dazu übergegangen, mehrmals täglich frische Weide zuzuteilen, um die Leistung noch weiter zu steigern.)
Besuch in Kuba und Tod:
Im Juni 1964 erneuerte Fidel Castro seine Einladung an Voisin, an der Universität von Havanna eine Vortragsreihe zum Thema Rationale Beweidung zu halten. Trotz der europäischen Vorbehalte gegenüber Castros kommunistischer Regierung sagte Voisin zu.
Er und seine Frau trafen am 3. Dezember in Kuba ein und wurden von Castro persönlich am Jose Marti Flughafen begrüßt. Anschließend inspizierten sie zusammen mit einer größeren Gruppe Würdenträger eine nahegelegene Farm im Eigentum des Staatschefs.
Die Vortragsserie an der Universität von Havanna begann am 8. Dezember. In seiner Begrüßungsrede stelle Castro fest: In seinen Werken, an all seiner Arbeit, kann man sehen, dass die Gesundheit des Menschen, das Glück des Menschen, das wichtigste Ziel hinter Professor Voisins Schaffen ist. Am 11. Dezember wurde Voisin die Ehrendoktorwürde der Universität Havanna verliehen.
Am 21. Dezember um 3:50 Uhr verstarb Voison durch einen Herzinfarkt in seinem Hotel. Fidel Castro verkündete seinen Tod am selben Abend im Staatsfernsehen. Am nächsten Tag fand in der großen Halle der Universität von Havanna das Staatsbegräbnis statt. Voisin hatte zuvor seiner Frau gegenüber den Wunsch geäußert, dass er, sollte er auf seinen Vortragsreisen im Ausland versterben, im Land seines Todes bestattet werden möchte. Gemäß dieses Wunsches wurde Vosin auf dem Colon Friedhof in Havanna bestattet.
Vermächtnis:
Voison wurde und bleibt eine verehrte Persönlichkeit in Kuba. Die kubanische Regierung erkläre das Jahr 1965 als Hommage an Voisin zum „Jahr der Landwirtschaft“. Zu seinem ersten Todestag wurde eine Sonderbriefmarke herausgegeben.
Martha Voisin entwickelte eine tiefe Zuneigung für Kuba und besuchte es viele Male bis zu ihrem Tod im Jahre 2006 im Alter von 105 Jahren. Sie wurde in Havanna neben ihrem Ehemann bestattet.
Trotz Castros Führsprache für sein Werk und trotz seiner Präsenz an den kubanischen Hochschulen wurden Voisins Methoden von den kubanischen Bauern weitgehend ignoriert, bis diese durch den Zusammenbruch des kommunistischen Binnenmarktes im Jahr 1989, der Kuba in eine drei Jahre andauernde Wirtschaftskriese stürzte, zu einem Wechsel zu weniger input-intensiven Methoden gezwungen wurden.
Der Verlust der Energie- und Chemikalienimporte aus der Sowjetunion erforderte einen Wechsel hin zum biologischen und management-intensivem Agrarmodel, basierend auf den Prinzipien von Voisin. Dieser Wechsel verlief erfolgreich. 1989 war die Landwirtschaft in Kuba noch sehr ähnlich zu der in Kalifornien. 1992 ähnelte sie mehr den Praktiken der amischen Gemeinden. Bis 1995 hat sich die Praxis der städtischen Gärten, speziell der Organoponicos (Biogärten) weit verbreitet.
Seit den 1980er Jahren erhielt Voisins Werk verstärkte Aufmerksamkeit durch englischsprachige Autoren, besonders Allan Nation, Joel Salatin und Allan Savory. Savory ist vermutlich der lautstärkste Verfechter von Voisins Methoden unter westlichen Autoren. Voisins Prinzipien haben wesentlich das von Savory entwickelte Holistic Management beeinflusst. Savory verfasste später ein Vorwort für den 1988 veröffentlichten Nachdruck von „Gras Productivity“ (Anm.: Deutscher Titel: Die Produktivität der Weide).
Obwohl Voisins Werk heute als eines der wesentlichen Fundamente der Permakultur-, Holistic Management- und Grass-Fed Beef-Bewegungen verstanden wird, bleibt er in seinem Heimatland weitgehend unbekannt. Laut seines sozialistischen Landsmannes Gérard Pestrinaux ist er ein politisches Paradoxon: „(Voisin) war kein Mann der Linken, sondern ein klassischer gaullistischer Rechter, und trotzdem liegt er auf dem Friedhof der Helden der kubanischen Revolution begraben.“ "