Schlecht gemachte Naturschutzgesetzgebung verhindert naturnahe Landwirtschaft

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Manfred
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Schlecht gemachte Naturschutzgesetzgebung verhindert naturnahe Landwirtschaft

Beitrag von Manfred »

Die Fälle, in denen unsere handwerklich schlecht gemachte Naturschutzgesetzgebung eine naturnahe Landbewirtschaftung verhindert, werden immer mehr.

Die Grünlandumbruchverbote behindern/verhindern die Neuschaffung von Grünland auf bisherigen Ackerflächen.
Die Verschlechterungsverbote für Streuobstwiesen verhindern die Neuanlage von Streuobstwiesen.
Die Verschlechterungsverbote für Hecken verhindern die Neuanlage von Hecken.
Die Verschlechterungsverbote für Feuchtbiotope verhindern die Neuanlage von Feuchtbiotopen.
Alles wegen der damit verbundenen massiven Wertminderung der umgewandelten Flächen.

Das Bayerische landwirtschaftliche Wochenblatt hat jetzt eine weitere Variante Veröffentlicht:
Die Naturschutzbesetzgebung verhindert den Naturnahmen Biomasseabau auf Moorstandorten, die sogenannte Paludikultur:

2020-02-21_BLW8_Paludikultur_Biomasse_im_Moor.jpg
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davX
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Re: Schlecht gemachte Naturschutzgesetzgebung verhindert naturnahe Landwirtschaft

Beitrag von davX »

Wobei das Grünlandumbruchverbot offenbar auch noch Auslegungssache ist:
Aus den im Bundesnaturschutzgesetz festgelegten Grundsätzen der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft lassen sich nicht automatisch Bewirtschaftungsverbote ableiten. (...) Danach ist ein Grünlandumbruch auf Moorstandorten nicht bereits nach der Vorschrift im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verboten, derzufolge auf Moorstandorten ein Grünlandumbruch zu unterlassen ist.

Geklagt hatte ein Landwirt aus Niedersachsen. Dem war von der zuständigen Behörde untersagt worden, sein Grundstück umzupflügen und als Acker zu nutzen, weil es sich um einen Moorstandort handele. (...) Der Landwirt bekam schließlich vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg Recht.

Nach dessen Auffassung stellt § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG keinen Verbotstatbestand dar; einer Befreiung bedürfe es nicht. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte jetzt die Auffassung stellt des Berufungsgerichts. Danach enthalte die betreffende Regelung im Bundesnaturschutzgesetz zwar Grundsätze der guten fachlichen Praxis für die Landwirtschaft, jedoch keine Gebote oder Verbote im Sinne von Befreiungsregelungen. Das ergebe sich vor allem aus der inneren Systematik des Gesetzes und hier insbesondere aus den Eingriffsregelungen. Zu Recht habe das Oberverwaltungsgericht daher auch die gegenüber dem Kläger ergangenen Anordnungen aufgehoben. (Aktenzeichen BVerwG 4 C 4.15 - Urteil vom 1. September 2016).

Quelle: https://www.topagrar.com/management-und ... 33013.html


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Manfred
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Re: Schlecht gemachte Naturschutzgesetzgebung verhindert naturnahe Landwirtschaft

Beitrag von Manfred »

In Bayern und diversen anderen Bundesländern ist das Dauergrünlandumbruchverbot im Landesrecht verankert.
Es darf nur noch mit Genehmigung der Naturschutzbehörde umgebrochen werden. Wird der Umbruch genehmigt, dann nur gegen Ausgleich an anderer Stelle.

Als Biobauer konnte ich bisher nach EU- und Bundesrecht Dauergrünland umbrechen.
So konnte ich gepachtete Ackerflächen zu DG werden lassen und mich darauf verlassen, dass ich es bei Bedarf (z.B. Pachtrückgabe) wieder umbrechen konnte.
Als letztes Jahr durch das Volksbegehren die Änderung der Rechtslage absehbar wurde, musste ich die betreffenden Flächen alle umbrechen.
Das war nicht nur ökologisch verheerend sondern ist auch wirtschaftlich existenzbedrohend für meinen Betrieb.
Die Flächen müssten zum Erhalt des Ackerstatus spätestens alle 5 Jahre umgebrochen werden. Inkl. mehrfachem Ablesen der Steine (auf Weideflächen bringt das Anwalzen der Steine nur bedingt etwas, weil die Rinder die meisten davon später wieder ausgraben..) hätten sich die Kosten dafür im Schnitt auf 4.000 bis 5.000 Euro jährlich belaufen. Zusätzlich wird mir durch die Neuregelung die Ausgleichszulage für Bewirtschaftungserschwernisse um 50% (jährlich 2.500 Euro) gekürzt, weil mein Dauergrünlandanteil im Betrieb dann unter 60% liegt.
Insgesamt also Mindereinnahmen + Mehrkosten von 6.500 bis 7.500 Euro pro Jahr, den Ernteausfall durch die Neueinsaat noch nicht eingerechnet.
Der Weiterbestand meines Betriebs in der heutigen Form (Mutterkuhhaltung) wäre wirtschaftlich nicht mehr haltbar gewesen.

(Zur Erinnerung: Der durchschnittliche Mutterkuhbetrieb in Bayern ist größer als meiner und macht knapp 10.000 Euro Gewinn, von dem nach Abzug der Sozialversicherungs- und Steuerkosten die Verzinsung des im Betrieb gebundenen Eigenkapitals und die Arbeitszeit entlohnt werden müssen. Wer sein Geld 2019 in Aktien statt in der Landwirtschaft angelegt hatte, brauchte nur 50.000 Euro Kapital um diese 10.000 Euro Gewinn zu machen und dann noch weniger Steuern dafür zu zahlen...)

Diese Woche, eine Woche vor Ende der Antragsfrist, hat die Untere Naturschutzbehörde, da noch Budget verfügbar war, ein Beweidungsprogramm für die Ackerflächen in meiner Weide genehmigt, in Verbindung mit einem schriftlich bestätigten Vertrauensschutz, dass ich die entstehenden DG-Flächen ohne zusätzlichen Ausgleich später wieder zu Ackerland umwandeln darf.
Das ist aber eine Entscheidung, die alleine dem zuständigen Mitarbeiter in der Behörde obliegt. Es gibt keinen Rechtsanspruch auf die Teilnahme an einem solchen Programm. Und je nach Verfügbarkeit von Fördermitteln kann es damit in 5 Jahren schon wieder vorbei sein.
Damit ist die Existenz meines Betriebs erstmal gesichert und ich kann wieder besser schlafen. Mir ging es die letzte Zeit wegen der drohenden Aufgabe alles andere als gut...
Ich war deshalb auf der Suche nach einer Maschine mit Umkehrfräsfunktion, welche beim Umbruch die Steine unten ablegt, um so wenigstens die Zeit/Kosten für das Ablesen zu sparen. Damit hätte ich es dann wohl noch 1 oder 2 Jahre versucht und in der Zwischenzeit überlegt, wie ich meinen Betrieb umbauen könnte, um ihn zu erhalten.

Alles nur wegen eines trotz aller diesbezüglich eingereichten Einsprüche schlecht gemachten Gesetzes.
Eine einfache Stichtagsregelung für Alt-Dauergrünland würde zum Schutz des DG-Bestandes völlig ausgereichen.
Jeder, der neues Dauergrünland angelegt, könnte es dann später bei Bedarf rechtssicher wieder umbrechen...

Das Problem der Moorstandorte löst das natürlich nicht. Eine Wiese in eine Rohrkolben-Biomassefläche zu verwandeln würde ja als Neuentstehung einer Ackerfläche gelten...


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davX
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Re: Schlecht gemachte Naturschutzgesetzgebung verhindert naturnahe Landwirtschaft

Beitrag von davX »

Danke für die Erläuterungen. Das erklärt einiges und macht deinen Ärger verständlich.
Was mir nicht ganz in den Kopf rein will bei der ganzen Sache, die Landwirtschaft hat doch eigentlich eine starke Lobby, der Naturschutz natürlich auch, aber würde sich immer nur der Naturschutz durchsetzen, dürfte es beispielsweise schlecht aussehen um die ganzen Grossbetriebe, wieso besteht da so wenig Interesse den eher kleinen Betrieben gegenüber? Ist es vielleicht gar erwünscht, dass der Kuchen kleiner wird und die Betriebe grösser?
Richten wir den Blick auf die ganze Welt sind es doch gerade die Kleinbetriebe, welche die meiste Nahrung produzieren, dass man eigentlich ihnen den Rücken stärken müsste.


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