Telepolis: Agrarlobbyismus im Hinterzimmer

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Fred
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Telepolis: Agrarlobbyismus im Hinterzimmer

Beitrag von Fred »

In der Telepolis, dem allgemeinpolitischen onlinemagazin des Heise Verlages ist ein Artikel zum Lobbyismus der Agrarindustrie erschienen.

Susanne Aigner: "Agrarlobbyismus im Hinterzimmer "

Hat nicht direkt mit regenerativer Landwirtschaft zu tun, bleuchtet aber kritisch die Sturkturen, die zur derzeitigen Landwirtschaftspolitik führen, daher möchte ich hier auch darauf verweisen, da es die Strukturen sind, die sich gegen Veränderungen stellen.


Manfred
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Re: Telepolis: Agrarlobbyismus im Hinterzimmer

Beitrag von Manfred »

Das Problem ist halt, dass es auf der anderen Seite genauso, oder gar noch schlimmer, läuft.
Und dass man sich dort großteils nicht für sinnvolle Veränderungen, sondern für die eigenen Geldbeutel und teils sehr kontraproduktive, fachlich längst überholte oder gar rein ideologische Regelungen einsetzt.
Der vernünftige Weg dazwischen hat bisher keine für mich erkennbare Lobby.

Im Endeffekt wird darum gestritten, wer der Leute, die an der Landwirtschaft statt in der Landwirtschaft verdienen, sich die Steuermittel in die Tasche schieben kann.
Die Bauern selbst sind für beide Seite nur nützliche Idioten.
Von dem Geld, dass in NGOs, Kontrollbehörden, Zertifizierungsstellen- und Vereinen, Stiftungen etc. versickert haben die Bauern genauso wenig, wie von dem, dass bei der vor- und nachgelagerten Industrie landet. Das schwächt alles die Landwirtschaft und führt zwangsweise durch sinkende Margen zu immer größeren Strukturen, egal ob durch extrem extensive oder extrem intensive Wirtschaftsweise unsere Lebensgrundlagen zerstört werden.

Wer z.B. eine bäuerliche Landwirtschaft will, der müsste politisch dafür sorgen, dass bäuerliche Betriebe die beste Wettbewerbsfähigkeit haben, sprich die höchsten Margen, und den dort arbeitenden Menschen eine gute Lebensqualität bieten.
Die vorgeblich für bäuerliche Strukturen eintretenden NGOs tun aber im Ergebnis genau das Gegenteil. Sie fordern immer mehr Bürokratie, deren Mehrkosten durch etwas Umverteilung bei den Prämien nicht ansatzweise ausgeglichen werden, und die die Lebensqualität immer mehr belastet. Dazu betreiben sie ständig pauschale Volksverhetzung (anders kann ich es nicht mehr nennen) gegen die Landwirtschaft. Selbst in den Schulen werden Bauernkindern massiv angegriffen und gemobbt.
So finden wir bestimmt nicht zurück zu einer bäuerlichen Landwirtschaft. Und durch die Ausrottung der Indianer, die unsere Kulturlandschaft geschaffen und erhalten haben, geht eben zwangsweise auch die Kulturlandschaft wie sie war verloren, weil viel zu wenig Personal da ist, um sie weiter pflegen zu können.
Für die NGOs ein klasse Geschäftsmodell. Sie zerstören die bäuerlichen Strukturen und damit die Kulturlandschaft und schreien dann nach immer mehr Geld für sich selbst, weil die "Natur" ja viel mehr geschützt werden müsse...

Ob sie das aus böser Absicht (zumindest die Vorstände wissen sehr genau, wie der Hase läuft) oder einer unglücklichen Paarung von Naivität und guter Absicht (das trifft wohl die meisten Mitglieder dieser Organisationen) tun, ist für das zerstörerische Ergebnis völlig egal.

Vernünftige Landwirtschaft kann deshalb aktuell nur auf einzelbetrieblicher Ebene und in der Gemeinschaft der Bauern und einiger wohlgesonnener Leute aus der Wissenschaft und den NGOs zusammen mit informierten Verbrauchern erarbeitet werden.
Um irgendwann auch politische Unterstützung zu erhalten, müssen wir mit unserer Arbeit noch viel, viel mehr Menschen erreichen. Die kritische Masse dürfte irgendwo zwischen 10 und 20 % der Bevölkerung liegen.
Das wird irgendwann passieren, aber aktuell haben wir noch einen langen Weg vor uns.
Das ist aber kein Grund, sich frustrieren zu lassen, sondern der zähe Weg, den jeder Wandel zum Guten gehen muss.


Fred
Beiträge: 440
Registriert: 22.04.2018, 15:37

Re: Telepolis: Agrarlobbyismus im Hinterzimmer

Beitrag von Fred »

Manfred hat geschrieben: 18.09.2019, 08:26 Das Problem ist halt, dass es auf der anderen Seite genauso, oder gar noch schlimmer, läuft.
Ja, ich sehe das Lobbyistenproblem als ganz Grundlegend in unserer Gesellschaft,egal von welcher Seite. Weil die Politiker fachlich, sachlich und von Zeitaufwand nicht in der Lage sind, die Interessengelenkten Vorschläge zu berwerten und abzuwägen.
Im Endeffekt wird darum gestritten, wer der Leute, die an der Landwirtschaft statt in der Landwirtschaft verdienen, sich die Steuermittel in die Tasche schieben kann.
Die Bauern selbst sind für beide Seite nur nützliche Idioten.
Yup. Das ist aber eine Entwicklung die den inneren Zwängen unseres ideologisierten Konkurenz-Basierten Marktsystems folgen. Am Ende der Kette - bei Produzenten und Konsumenten wird die Luft immer dünner, während sich immer weiter Gruppen dazwischen schieben und zusehen neue Pfründe aufzutun, um mehr in die eigenen Taschen zu lenken. Du hast das ganz schön beschrieben, was aber auch für Rauchmelder, Windschutzscheiben-Aufkleber, Zertifikate und, und, und gilt...

Ob sie das aus böser Absicht (zumindest die Vorstände wissen sehr genau, wie der Hase läuft) oder einer unglücklichen Paarung von Naivität und guter Absicht (das trifft wohl die meisten Mitglieder dieser Organisationen) tun, ist für das zerstörerische Ergebnis völlig egal.
Das ist eine Interessante Frage. Es braucht beides. Die Hinterzimmerstrategen und diejenige die naiv-glaubhaft die verdrehten Argumentationen der öffentlichkeit verkaufen. Wie ist wohl Henry Ford auf seinen bekannten Satz gekommen: „Würden die Menschen das Geldsystem verstehen, hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh.“ [https://www.zitate-online.de/literaturz ... tehen.html]
Vernünftige Landwirtschaft kann deshalb aktuell nur auf einzelbetrieblicher Ebene und in der Gemeinschaft der Bauern und einiger wohlgesonnener Leute aus der Wissenschaft und den NGOs zusammen mit informierten Verbrauchern erarbeitet werden.
Um irgendwann auch politische Unterstützung zu erhalten, müssen wir mit unserer Arbeit noch viel, viel mehr Menschen erreichen. Die kritische Masse dürfte irgendwo zwischen 10 und 20 % der Bevölkerung liegen.
Im Moment, gibt es die Möglichkeit für Betriebe mit Selbstvermarktung ein dasein in einer Nische mit höherer Qualität/ Umweltdienstleistungen als Mehrwert Strategie. So wie die ersten Bio-Pioniere angefangen haben. Als kritische Masse in der Bevölkerung, bis etwas neues Mainstream wird, gibt es ja die 18%-Regel. Geschieht aber nichts Grunlegenders am Bewustsein der Menschen, wird es "regenerativen" Betrieben ähnlich gehen wie das Bio-Label inszwischen "verwertet" wird.


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